Zur 20. Sitzungsperiode des Landtages standen 28 Themen auf der Tagesordnung,

zu denen am 27. und 28. April debattiert und abgestimmt wurde.

#Gesundheit

Ein Schwerpunkt dieser Landtagssitzung war die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt. Gleich mehrere eigenständige Anträge hat die Linksfraktion dazu eingebracht und in weiteren Diskussionen ihre Positionen, Vorschläge und Forderungen unterstrichen.

Krankenhauslandschaft für Patient*innen und Beschäftigte gestalten

Die medizinische Versorgung der Menschen im Land verschlechtert sich seit Jahren. Kliniken und Stationen schließen oder kämpfen um ihren Erhalt. In diesem sozialen, sensiblen Bereich nach Profit zu streben, macht Menschen und Beschäftigte krank. Die ersten veröffentlichten Ergebnisse des Krankenhaus-Gutachtens beschreiben die Misere, fordern Investitionen in die Krankenhäuser und stellen bereits eine Unterversorgung besonders im nördlichen ländlichen Bereich Sachsen-Anhalts fest. Im Süden des Landes pendeln die Patient*innen ins Nachbarland Sachsen, was jedoch keine Lösung sein kann. DIE LINKE schlägt daher mit ihrem Antrag (Drs. 8/2517) eine breit angelegte Kommission vor.

Nicole Anger, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, betonte in der Debatte: „Krankenhäuser müssen endlich in die Lage versetzt werden, nach Bedarf, Behandlungsqualität und Gemeinwohl organisiert zu sein. Die Patient*innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten müssen im Mittelpunkt stehen und nicht die Profite. Wir brauchen endlich eine Abkehr vom finanziellen Druck. Wir brauchen eine Abkehr von der Ausnutzung der moralischen Verpflichtung des Personals gegenüber den Patient*innen. Gesundheitsversorgung muss wohnortnah und erreichbar sein. Deswegen beantragen wir heute das Einsetzen einer Gesundheitspolitischen Kommission. Eine Kommission, die deutlich breiter aufgestellt ist als der Krankenhausplanungsausschuss. Eine Kommission, die die Menschen, die demografische Entwicklung, die Entwicklung der Morbidität, die Erreichbarkeiten der Gesundheitsversorgung, das Personal und die Personalgewinnung in den Blick nimmt.“

Sie kritisierte, dass mit der Schließung weiterer Stationen gerade im ländlichen Raum eine kalte Marktbereinigung entgegen den Versprechen im Koalitionsvertrag einhergehe. „Wir brauchen eine sofortige Sicherung der vorhandenen Krankenhausstruktur. Bevor in diesem Bundesland nicht eindeutig geklärt ist, wie eine sichere medizinische Versorgung der Menschen aussehen kann und muss und auch wie wir unsere medizinischen Fachkräfte halten, ausbilden und gewinnen, darf es hier zu keinem weiteren Abbau kommen!“

Da die Mitglieder des Krankenhausplanungsausschusses die gesellschaftliche Breite nicht abdeckten und ihre eigenen Kriterien hätten, nach denen sie den Krankenhausplan aufstellen, sollten nach unserem Willen auch gesellschaftlich relevante Organisationen mit an den Tisch geholt werden. Dazu gehörten Gewerkschaften, die kommunalen Spitzenverbände, aber eben auch Patient*innenvertretungen und der Verbraucherschutz. Die Bedarfsplanung müsse wieder stärker demokratisiert werden, um die Gesellschaft in den notwendigen Aushandlungsprozess zu integrieren. – Der Antrag wurde abgelehnt.

Kinderärztliche und geburtshilfliche Versorgung im Land sicherstellen

Die Not bei der flächendeckenden Versorgung selbst von zum Teil schwer erkrankten Kindern in Sachsen-Anhalt ist ein Skandal. Die Auswirkungen jahrelanger Versäumnisse bei der Absicherung von Standorten und das Aussitzen struktureller Probleme werden derzeit besonders deutlich. Auch in der Kindermedizin wird das Entgeltsystem der Fallpauschalen angewandt, womit ein wirtschaftliches Arbeiten dieser Abteilungen kaum möglich und für Krankenhäuser defizitär ist. Somit findet die Versorgung der Kinder und Jugendlichen an immer weniger Standorten im Land statt. Bereits auf der Landtagssitzung im März hatte die Linksfraktion einen Antrag dazu gestellt (Drs. 8/2365), der vom Landtag abgelehnt wurde. Als Alternativantrag (Drs. 8/2556) zum Antrag der AfD-Fraktion hat DIE LINKE deshalb ihre Forderungen nochmals bekräftigt. – Leider wurde auch dieser Alternativantrag abgelehnt.

Modellprojekt anonymer Kranken-/ Behandlungsschein starten

Trotz verfassungsmäßiger Rechte leben Menschen in Sachsen-Anhalt ohne ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Selbstständige, die sich die privaten Versicherungsbeiträge nicht mehr leisten können. Menschen, bei denen der Übergang von einem Pflicht- in ein freiwilliges Versicherungsverhältnis nicht funktioniert. Ehemalige Inhaftierte, die nach dem Strafvollzug Probleme haben, in das Versicherungssystem reintegriert zu werden. Drittstaatler*innen, deren Versorgungsbedarf das Leistungsspektrum der Auslands- oder Reiseversicherung übersteigt. Menschen, die aufgrund ihres Aufenthaltsstatus ihren Leistungsanspruch nicht wahrnehmen können. Alle diese Menschen meiden den Gang zum Arzt oder Ärztin. Dadurch entstehen vermehrt medizinische Notfälle. Krankheiten werden chronisch oder lebensbedrohlich. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE beantragt (Drs. 8/2515), durch die Landesregierung ein Modellprojekt auflegen zu lassen, durch das allen Menschen einen Zugang zur Gesundheitsversorgung durch einen anonymen Kranken-/ Behandlungsschein ermöglicht wird.

In der Debatte zur Einbringung des Antrages erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin Nicole Anger: „In vielen Bundesländern, und zwar in zehn, um genau zu sein, gibt es bereits einen anonymen Behandlungsschein, und es gibt Clearingstellen, die Betroffenen helfen, den Weg zurück in die Krankenversicherung zu finden. Die Kostenübernahme im Falle der Inanspruchnahme des anonymen Behandlungsscheins wird oft aus sogenannten Behandlungsfonds des Landes realisiert.“ Daher sollte dringend auf die Erfahrungen dieser Bundesländer zurückgegriffen werden.

„Für meine Fraktion und mich stehen auch diese Menschen mit ihren Bedürfnissen und Bedarfen im Mittelpunkt unserer Tätigkeit, und das ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, ihres Einkommens oder ihres Aufenthaltsstatus. Gesundheitsversorgung und Gesundheitsvorsorge dürfen nicht zur Disposition stehen, für keinen Menschen, ob nun mit oder ohne Krankenversicherung.“

Die Ausführungen unserer Abgeordneten wurden immer wieder von lauten und unangemessenen Zwischenrufen insbesondere aus den Reihen der AfD-Fraktion unterbrochen. – Der Antrag wurde abgelehnt.

Engpässen bei Personal und Medikamenten in Apotheken entgegenwirken

Apotheken sind Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Doch der Bestand der Apotheken ist nicht mehr gesichert. Zeitgleich steigen die bürokratischen Anforderungen an die Apotheken und werden durch einen dauerhaften Lieferengpass bei Medikamenten noch verstärkt. Formfehler auf Rezepten führen zu Retaxationen. Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Erstattung des durch die Apotheke bereits abgegebenen Arzneimittels verweigern. „Nullretaxationen“ finden auch in Fällen statt, in denen die Apotheken das Arzneimittel entsprechend der ärztlichen Verordnung abgegeben, also auch die Leistung der Sache nach erbracht haben. Eine gesetzliche Regelung ist erforderlich, um die Beanstandungen der Krankenkassen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Wenn wir nicht auf servicefreie Versandapotheken setzen wollen, dann stärken wir jetzt unsere Apotheken vor Ort – in der Medikamentenbeschaffung und beim Personal! So lautet der Grundtenor unseres Antrages (Drs. 8/2535), der jedoch abgelehnt wurde.

Schulgeldfreiheit in den therapeutischen Gesundheitsberufen endlich umsetzen

Fachkräfte in therapeutischen Gesundheitsberufen fehlen überall. Ein großes Manko dabei ist, dass die Ausbildung teilweise immer noch selbst zu bezahlen ist und eine Ausbildungsvergütung – wie in anderen Berufen üblich – fehlt. In Deutschland gibt es zum aktuellen Zeitpunkt 12 Bundesländer, in denen die Schulgeldfreiheit in den therapeutischen Gesundheitsberufen ganz oder in großen Teilen beschlossen wurde. Dementsprechend muss Sachsen-Anhalt endlich den schon gefassten Beschluss aus dem Jahr 2019 umsetzen, weil wir mehr qualifiziertes Fachpersonal im Bereich der therapeutischen Gesundheitsberufe benötigen.

Im Bereich der Pflegehilfe ist die Schulgeldfreiheit in Sachsen-Anhalt bereits umgesetzt und der nächste Schritt hin zur Ausbildungsvergütung mit einem Gesetzentwurf der Landesregierung gemacht, der zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse überwiesen wurde.

Parallel dazu hat die Linksfraktion mit ihrem Antrag (Drs. 8/2518) die Landesregierung aufgefordert, sich endlich über eine Schulgeldfreiheit in den therapeutischen Gesundheitsberufen im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen für das Jahr 2024 verständigen und sich für eine Ausbildungsvergütung einsetzen. Nur so könne Sachsen-Anhalt langfristig Auszubildende in den jeweiligen Berufen gewinnen und dem Fachkräftemangel, insbesondere im ländlichen Raum, entgegentreten. – Der Antrag wurde in die zuständigen Fachausschüsse überwiesen.

#Arbeitskämpfe

1. Mai – gewerkschaftliche Kämpfe um gute Arbeits- und Lebensbedingungen sind Voraussetzung für gute wirtschaftliche Entwicklung

Anlässlich des 1. Mai und angesichts der fortlaufenden Diskussion um die Legitimität der aktuellen Streiks und der Forderung der Gewerkschaften in den Tarifauseinandersetzungen hat die Linksfraktion mit ihrem Antrag (Drs. 8/2529) den Landtag aufgefordert, ein Bekenntnis zu grundgesetzlichen Garantien des Arbeitskampfes abzugeben. Denn der Kampf um attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen ist kein Hindernis, sondern Voraussetzung für eine gute wirtschaftliche Entwicklung.

In der Diskussion um Streiks und Demonstrationen zum 1. Mai betonte Wulf Gallert, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion: „In Erinnerung an die sogenannte ‚Haymarket-Affäre‘ hat der Gründungskongress der 2. Internationalen 3 Jahre später den 1. Mai als Kampftag der Arbeiterbewegung ausgerufen. Der Begriff ‚Kampftag‘ ist international seit mehr als 130 Jahren mit dem Blut von Arbeiter*innen geschrieben worden, die sich für faire Löhne, eine Beschränkung der Arbeitszeit und für Arbeiternehmer*innenrechte insgesamt eingesetzt haben, damals in den USA, später weltweit und natürlich auch in Deutschland, insbesondere in der Weimarer-Republik. Erinnert sei hier nur an den Blut-Mai von 1929 in Berlin, bei dem 33 Demonstranten getötet wurden, übrigens auf Befehl eines sozialdemokratischen Polizeipräsidenten von Berlin.“ Wulf Gallert ging auch auf die Geschichte des 1. Mai während der Zeit des Nationalsozialismus ein, die ihn zum „Tag der nationalen Arbeit“ umbenannten und damit versuchten, den 1. Mai zum „Tag der selbstlosen Aufopferung der Arbeiter und Arbeiterinnen“ für die deutsche Volksgemeinschaft umzudefinieren. Deshalb stürmten am 2. Mai 1933 faschistische Schlägertrupps die Gewerkschaftshäuser, beschlagnahmten das Eigentum der Gewerkschaften und folterten aktive Gewerkschafter, nahmen sie gefangenen und brachten sie später zum Teil um. „In diesem Jahr jährt sich dieses Verbrechen zum 90. Mal und ich bin froh darauf verweisen zu können, dass Gewerkschaften dazu Gedenkveranstaltungen organisieren“, sagte Wulf Gallert.

In diesem Jahr stehe der 1. Mai unter dem Motto „ungebrochen solidarisch“. Immer dann, wenn diese Solidarität und diese Gemeinsamkeit nicht hergestellt wurden, habe es Reallohnverluste gegeben, seien Arbeiternehmer*innenrechte abgebaut worden, sei die Spaltung der Gesellschaft vorangeschritten. Genau deshalb seien starke Gewerkschaften, die die gesellschaftlichen Interessen der Beschäftigten organisieren, für uns alle wichtig. Sie bildeten den Kitt dieser Gesellschaft, und ein Angriff auf gewerkschaftliche Rechte sei auch immer ein Angriff auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Sozialstaat. Ohne starke Gewerkschaften funktioniere ein demokratisches Gesellschaftssystem nicht. Deswegen sei es auch kein Wunder, wenn diejenigen, die am meisten vom Verfall der Gesellschaft profitierten, nämlich die AfD, auch die schärfsten Gegner der Gewerkschaften seien.

Es gebe aber schon wieder Stimmen, die versuchten, dass ohnehin schon stark reglementierte Streikrecht noch weiter einzuschränken. So fordere die Mittelstandsunion der CDU eine Pflicht zur Ankündigung von Warnstreiks von mindesten vier Tagen und im Bereich von öffentlichen Dienstleistungen, dass es Streiks überhaupt nur noch nach einer Zwangsschlichtung geben dürfte. Der deutsche Arbeitgeberverband forderte eine gesetzliche Einschränkung der Möglichkeiten von Streiks, die sollten nur die Ausnahme sein. „Streiks garantieren eine faire Verteilung des Reichtums dieser Gesellschaft, soziale Sicherheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deshalb sind starke Gewerkschaften, ein starkes Streikrecht, eine hohe Tarifbindung und gute Tarifabschlüsse im Interesse von uns allen. So und nur so kann Sachsen-Anhalt attraktiv für Fachkräfte werden und Menschen eine Perspektive bieten, die Herausforderungen, die vor uns stehen, gemeinsam zu meistern.“ – Der Antrag wurde abgelehnt und ein Alternativantrag der Koalitionsfraktionen mehrheitlich angenommen.

#aktuell debattiert

Nutzung von KI und ChatGPT müssen diskriminierungsfrei, transparent und überprüfbar sein

In der aktuellen Debatte im Landtag über die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und ChatGPT betonte Hendrik Lange, Experte für Digitalisierung der Fraktion DIE LINKE: „In seiner Position zu Künstlicher Intelligenz spricht sich der Ethikrat deutlich dafür aus, darauf zu achten, dass Künstliche Intelligenz der menschlichen Entfaltung dienen und sie nicht vermindern darf. Umso wichtiger ist es, sich jetzt damit auseinanderzusetzen, wie wir diese Entwicklung in sinnvolle Bahnen lenken können. Lernende KIs können momentan nur Inhalte verarbeiten, die wir Menschen vorher erzeugt haben. Eine lernende KI greift auf eine reichhaltige Bibliothek voller Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und jede Menge Ideologie der Ungleichheit zu und lernt daraus. Diese Einschätzung fand sich auch in den Ergebnissen der Enquete-Kommission des Bundestages wieder.

Darin werden Europäische Union, Bund und Länder aufgefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, eine KI-Strategie diskriminierungsfrei, transparent und nachvollziehbar zur Lösung ökologischer Probleme zu entwickeln und umzusetzen. Die Rolle künstlicher Intelligenz soll es demnach sein, Voraussetzungen für verantwortliches Handeln des Menschen zu verbessern. Dazu gehören auch Transparenz der Modelle, mit denen die KI trainiert wird. Open Source Systeme können diese Transparenz und Überprüfbarkeit besser gewährleisten als auf Vermarktung orientierte geschlossene Systeme. Es bedarf einer strengen Kontrolle anhand ethischer Grundsätze. Diverse Staaten und Unternehmen befinden sich in einem Wettrennen darum, wer die schnellste und beste KI entwickeln kann. Davon versprechen sie sich einen Anstieg von Produktivität, Wirtschaftswachstum und allgemeinem Wohlstand. DIE LINKE stellt die Frage, wem gehören die mächtigen Maschinen, wem dienen sie und wozu? Und nicht zuletzt drängen sich jetzt schon Fragen des Urheberrechts auf, das zum Training von KI auch urheberrechtlich geschützte Werke verwendet werden.“ Allerdings seien wir als Gesellschaft auf die rasante Entwicklung derzeit nicht vorbereitet, meint Hendrik Lange.

#Bildung

Bildungsforum und Staatsvertrag zur Lehramtsausbildung gefordert

Lehrermangel und Schulkrise bleiben weiterhin Dauerthema. Der mit dem bildungspolitischen Dialog des Ministerpräsidenten im Januar eingeleitete Prozess einer Suche nach tragfähigen Lösungen für die tiefgreifende Schulkrise müsse unter geänderten Bedingungen und Beteiligung des Parlaments weitergeführt werden, fordert daher die Linksfraktion. Erforderlich sei ein Forum, in dem alle Teilnehmer*innen auf Augenhöhe nach Lösungen suchten und diese in Form von Empfehlungen dem Landtag und der Landesregierung zur Verfügung stellten. Die Zusammensetzung eines solchen Bildungsforums orientiere sich am Bildungskonvent der Jahre 2007 bis 2010, besagt der Antrag (Drs. 8/2472) der Linksfraktion.

Ein weiterer Antrag (Drs. 8/2519) hatte eine bundesweite Ausbildungsoffensive zur Lehramtsausbildung als koordinierte Strategie aller Bundesländer gegen den Lehrkräftemangel und einen Staatsvertrag zum Inhalt. Nahezu alle Bundesländer stellen mehr Lehrkräfte ein als sie ausbilden. Obwohl inzwischen alle Bundesländer in rasantem Tempo und in einem bisher undenkbarem Ausmaß Lehrkräfte ohne Lehramtsausbildung in ihren Schuldienst einstellen und Anforderungen an die Ausbildung immer weiter absenken, führen die Maßnahmen nicht dazu, dass sich die Lehrkräfteversorgung verbessert. Ein Ausweg aus dieser Krise ist möglich, wenn sich die Länder verständigen, ihren Lehrkräftebedarf von einer neutralen Instanz ermitteln und den Aufbau der Ausbildungskapazitäten kontrollieren zu lassen. Es muss einen gesonderten Länderfinanzausgleich geben, an dem sich der Bund mit mindesten der Hälfte des gesamten Finanzvolumens beteiligen muss. Sachsen-Anhalt soll mit diesem Beschluss die Initiative aus Berlin zu einem Staatsvertrag zur Lehramtsausbildung unterstützen und dabei eigene inhaltliche Schwerpunkte setzen.

Thomas Lippmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, betonte in der Landtagsdebatte um Bildungsforum und Staatsvertrag zur Lehramtsausbildung: „In ganz Deutschland wurde in den letzten 25 Jahren eine Entwicklung zugelassen, die zu einem bisher nicht dagewesenen Mangel an ausgebildeten Lehrkräften in allen Bundesländern geführt hat. Mangelhafte Bildung gefährdet die Lebensperspektiven ganzer Generationen und schwächt die ökonomische Basis unserer Wirtschaftsordnung. Bundesweit fehlen mehrere zehntausend Lehrkräfte. Diese Lücke ist entstanden, weil seit Jahren nahezu alle Bundesländer weniger Lehrkräfte im eigenen Land ausbilden, als sie anschließend in ihren Schuldienst einstellen wollen. Die Folge ist ein ruinöser Wettbewerb, der inzwischen nur noch Verlierer kennt, weil die Decke schon lange überall zu kurz ist. Der Föderalismus und die Kultusministerkonferenz versagen in der Frage der Bedarfs- und Ausbildungsplanung für den Lehrkräftenachwuchs komplett. Um aus der Abwärtsspirale in der Lehrkräfteversorgung wieder rauszukommen, muss jedes Land für sich selbst schlicht so viele Lehrkräfte ausbilden, wie es selbst braucht.

Tatsächlich fehlen uns derzeit an den allgemeinbildenden Schulen mehr als 2.000 Lehrkräfte. Dabei haben die Verwerfungen zwischen den Schulformen und den Regionen ständig zugenommen. Die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen wurden abgehängt und der Niedergang der Schulbildung verläuft im Norden und Osten des Landes schneller als im Süden und Westen. Aus Hilflosigkeit wird ja gern orakelt, dass zu wenige junge Menschen den Beruf ergreifen wollen, weil der nicht attraktiv wäre. Das ist aber ebenfalls Unsinn. Es gäbe genügend junge Menschen, die bei uns ein Lehramtsstudium aufnehmen wollen, man muss sie nur lassen. Unattraktiv ist lediglich das Lehramt an Sekundarschulen, dafür gibt es in der Tat in den meisten Fächern viel zu wenige Bewerbungen.“

Landesregierung und Koalition blockierten die bestehenden Möglichkeiten, die Ausbildung bedarfsorientiert auszubauen und vorhandene Plätze auszulasten. Auch von den über 1.000 Lehrkräften im Seiteneinstieg scheide ein Drittel nach kurzer Zeit wieder aus dem Schuldienst aus. Das sei ein viel zu großer Verlust. Es müsse gelingen, mit allen Ländern gemeinsam und verbindlich eine verlässliche und objektive Grundlage für die Bedarfs- und Ausbildungsplanung zu schaffen und deren Umsetzung auch verbindlich zu überprüfen. Sonst werde alles so weiterlaufen, wie bisher.

„Den Dialog dazu zum Jahresbeginn mit einer Vielzahl von Akteuren zu beginnen, war richtig. Ihn fortzusetzen und dabei für andere Rahmenbedingungen zu sorgen, ist das Gebot der Stunde. Es gibt Erklärungen und Appelle, es gibt Weckrufe und Brandbriefe, es gibt Masterpläne und Positionspapiere, die nicht nur Kritik an den Zuständen und Sorge um die künftige Entwicklung zum Ausdruck bringen, sondern auch das Engagement vermitteln, durch eine gemeinsame Anstrengung und innovative Ideen das auf Grund gelaufene Schiff Schulbildung wieder flott zu bekommen. Dafür muss ein geeigneter Rahmen geschaffen werden, der bewusst an die positiven Erfahrungen mit dem Bildungskonvent anknüpft. Lassen sie uns gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Akteuren hier im Land und im Schulterschluss mit den anderen Bundesländern Verantwortung übernehmen und Verantwortung teilen und konstruktiv an der Überwindung dieser Schulkrise arbeiten.“

Beide Anträge wurden abgelehnt.

#BaföG

Soziale Lage der Studierenden

Die Proteste gegen die Preiserhöhungen bei den Wohnheimen beim Studentenwerk Halle zeigen, dass die soziale Lage der Studierenden dringend ins Auge gefasst werden muss. Preiserhöhungen von bis zu 40 Prozent stellen Studierende vor große Probleme. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE einen Antrag (Drs. 8/2516) eingebracht, in dem sie einen Hochschulsozialpakt zur Abmilderung der Preissteigerungen sowie erneut die Einführung eines elternunabhängigen BAföG fordert. Es brauche einen Notfallfonds, um den Verlust des Wohnheimplatzes und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Langfristig müssten Wohnheimplätze ausgebaut und Studentenwerke beim Ausbau der Wohninfrastruktur unterstützt werden. Dafür müsse der Bund mit einspringen und die lang diskutierten Pläne eines Bund-Länder-Hochschulsozialpaktes endlich umsetzen. Außerdem braucht es die Einführung eines elternunabhängigen BAföG, das nicht zurückzuzahlen ist.

In seiner Rede unterstrich der hochschulpolitische Sprecher Hendrik Lange: „Die soziale Lage der Studierenden ist schon schlimm genug. Die Angst davor, ob man sich ein Studium leisten kann, ob man überhaupt BAfög und günstigen Wohnraum bekommt, ist besonders bei Nichtakademikerkindern groß. Allein aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit ist das schon ein Skandal. Aber wir können es uns auch und gerade in akademischen Berufen nicht leisten, auch nur ein Talent zu verlieren, weil sich ein junger Mensch das Studium nicht leisten kann. Über viele Jahre hinweg gibt es bei der Anzahl der BAföG-Berechtigten einen dramatischen Abwärtstrend. Keine der BAföG-Reformen und -erhöhungen hat diesen Trend gestoppt. Insbesondere Familien, die so knapp über die Bemessungsgrenzen kommen, trifft es am härtesten. Das sogenannte Mittelstandsloch ist in diesem Zusammenhang ein geflügeltes Wort geworden.“

Deshalb sei es schon bittere Ironie, wenn jetzt die Löhne steigen und deswegen die Anspruchsberechtigungen erlöschen. Bei galoppierender Inflation und Reallohnverlusten sei das kaum zu ertragen. Fast 70 Prozent der Studierenden jobbten nebenbei, um über die Runden zu kommen. „Was tun wir den jungen Menschen eigentlich an? Statt sich aufs Studium konzentrieren zu können, müssen sie nebenher arbeiten. Ich finde das fatal“, sagte Hendrik Lange und verwies auf unsere Forderung nach dem elternunabhängigen und nicht zurückzahlbaren BAföG.

Der Antrag wurde in die Fachausschüsse zur Beratung überwiesen.

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Mehrere wichtige Gesetzentwürfe in erster Lesung eingebracht

Vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG) zum 1. Januar 2023 warten viele Vereine, Organisationen und Institutionen auf eine entsprechend angepasstes Ausführungsgesetz für Sachsen-Anhalt. Die Landesregierung hat einen entsprechenden Gesetzentwurf mit ihren Lösungsansätzen vorgelegt, der nach den Diskussionen in den Fachausschüssen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll.

Das aktuelle Bestattungsgesetz des Landes ist inzwischen zwanzig Jahre alt und entspreche nicht mehr den aktuellen Erfordernissen. Daher hat die Landesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, um den zeitlichen und kulturellen Erfordernissen Rechnung zu tragen.

Kein Vizepräsident der AfD

Auch der erneute Anlauf der Fraktion der AfD, einen Vizepräsidenten aus ihren Reihen wählen zu lassen schlug fehl. Daniel Wald erhielt nicht die erforderlichen Stimmen.

Erstellt von Kerstin Eisenreich (MdL), 16. Mai 2023

Mehr und Ausführlicheres über Inhalte und Debatten der Landtagssitzungen im April 2023 ist auf den Internetseiten der Landtagsfraktion zu finden: www.dielinke-fraktion-lsa.de.

Auch auf Facebook, Twitter und Instagram können die Debatten verfolgt werden.

Zur 19. Sitzungsperiode des Landtages standen 24 Themen auf der Tagesordnung,

zu denen am 22. und 23. März debattiert und abgestimmt wurde.

#Haushalt

Haushalt für 2023 verabschiedet

Nach monatelangen Beratungen und Diskussionen hat der Landtag den Landeshaushalt für das laufende Jahr 2023 beschlossen. Mit 13,8 Milliarden Euro Einnahmen und Ausgaben ist er der bisher größte Haushalt von Sachsen-Anhalt. Neue Schulden werden nicht aufgenommen, da die Steuereinnahmen höher sind als gedacht. Ein paar wichtige Projekte, auf die sich die Regierungskoalition aus CDU, SPD und FDP konnte, sind beispielsweise höhere Gehälter für Grundschullehrer*innen, die Mitfinanzierung der Ausbildungsvergütung von Pflegehelfer*innen sowie des 49-Euro-Tickets. Darin gehen zumindest teilweise Forderungen der Linksfraktion auf.

Dies gilt auch für die Investitionspauschale für Städte und Gemeinden, die um 50 Millionen Euro erhöht wird. Zur Verbesserung der Kreisstraßen sind weitere 30 Millionen Euro geplant. Viel Kritik brachte namens der Linksfraktion der finanzpolitische Sprecher Andreas Henke zum Ausdruck: „Ein  guter Haushalt sollte vorsorgen, entlasten, nachhaltig investieren und für soziale Gerechtigkeit sorgen.“ Und weiter: „Ein guter Landeshaushalt ist Ausdruck verlässlicher Politik, die sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientiert und nicht ausschließlich an der Kassenlage.“ Es gebe derzeit keine normalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen (Corona-Nachwirkungen, Krieg in der Ukraine, Inflation), dies hätte der Haushaltsentwurf der Landesregierung nicht ausreichend berücksichtigt.

Wenn beispielsweise fast 50 Prozent der Rentner*innen in Sachsen-Anhalt eine Rente unterhalb der Armutsgrenze erhielten, müsse man hier unbedingt nachsteuern, forderte Henke. Eine Beteiligung am DDR-Härtefallfonds wäre zwingend geboten, wurde jedoch von der Regierungskoalition abgelehnt. Er kritisierte weiter, jetzt nicht zu investieren, bedeute die Veränderungen in der neuen digitalen Arbeitswelt 4.0 den nachfolgenden Generationen zu überlassen.

Anlass für Kritik war auch der parlamentarische Umgang in den Ausschüssen. Andreas Henke sagte: „Meine Erfahrung war: Über Anträge der Oppositionsfraktionen wurde in der Regel ohne Debatte abgestimmt und im Weiteren wurden sie abgelehnt, was nicht gerade für eine ausgeprägte demokratische Debattenkultur spricht.

Wenn zur Bereinigungssitzung von den Koalitionsfraktionen 137 Änderungsanträge auf über 300 Seiten mit einem Volumen von mehreren Hundert Euro in einem zudem noch sehr knappen Zeitfenster vorgelegt werden, dann ist das noch viel weniger ein gutes Zeichen für parlamentarische Demokratie, dann ist das kein Zeichen für die Wertschätzung der Mitwirkung der Opposition und erst recht keine Wertschätzung für die Arbeit der Fachausschüsse.“

#aktuell debattiert

In vier aktuellen Debatten, die von verschiedenen Fraktionen beantragt wurden, diskutierte der Landtag aktuelle Probleme und historische Verantwortung.

Ungenügende Arbeitsweise der Sozialagentur

Träger der Eingliederungshilfe schlagen wegen hunderter offener Schiedsverfahren Alarm. Die zuständige Sozialagentur ist offensichtlich nicht in der Lage, die Vereinbarungen abzuschließen. Dadurch bleiben die Träger auf steigenden Kosten sitzen. Diese Situation gefährdet die Versorgung und Teilhabe der Menschen mit Behinderung. Deshalb hat die Linksfraktion eine Aktuelle Debatte zu diesen Missständen beantragt, in der Nicole Anger, Sprecherin für Politik für Menschen mit Behinderung der Fraktion DIE LINKE, kritisierte, dass zwar mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes Leistungen aus einer Hand kommen und zudem die Unterstützungsleistungen individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten werden sollten, aber in Sachsen-Anhalt dies schlicht und ergreifend am Agieren der Sozialagentur scheitere, die den Sozialämtern vor Ort scheinbar jegliche Kompetenz abspricht. „Die durch die Sozialämter festgelegten Bedarfe der Menschen mit Behinderung werden durch die Sozialagentur schnell mal nach unten korrigiert. Zum Nachteil der Betroffenen. Ein Skandal!

Das Resultat: Seit 2017 sind im Bereich der Eingliederungshilfe über 700 Verfahren in der Schiedsstelle offen und stetig kommen neue hinzu. Hinzu kommen zahlreiche Widersprüche und Rechtsverfahren. Es geht hier um viele Einzelschicksale, um Menschen, die schnell Hilfe benötigen, um ihren Alltag selbstbestimmt meistern zu können. All das scheint der Sozialagentur egal zu sein – hier wird augenscheinlich allein nach monetären Interessen entschieden. Sowohl Betroffene als auch die Einrichtungen der Eingliederungshilfe schlagen Alarm – und das zurecht!

Die Arbeitsverweigerung der Sozialagentur ist nicht mehr länger hinnehmbar. Menschen mit Behinderung wird die Teilhabe verweigert. Die Einrichtungen bekommen ihre Leistungen nicht refinanziert. Die steigenden Energiekosten, die steigenden Kosten für Lebensmittel, für externe Dienstleistungen sind nur wenige Beispiele. Das betrifft die Wohneinrichtungen, die Assistenz im eigenen Wohnraum, die Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die verschiedenen Tagesstrukturen.

Die Sozialagentur verhindert die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung ebenso wie ein selbstbestimmtes Leben. Sie drängt die Betroffenen durch ihr Agieren weiter an den Rand der Gesellschaft. Das Systemversagen durch die Sozialagentur muss umgehend beendet werden. Die zuständigen Ministerien müssen ihrer Dienst- und Fachaufsicht nachkommen. Wir brauchen einen grundlegenden Systemwechsel, wie ihn auch der Bundesgesetzgeber vorgesehen hat. Der Umgang mit Leistungsträgern und Leistungsempfänger*innen muss endlich auf Augenhöhe stattfinden. Dazu gehört auch, Menschen mit Hilfebedarf jede Hilfe zukommen zu lassen, um ihnen maximale Teilhabe zu ermöglichen. Und mit den Leistungsempfänger*innen fair die entstehenden Kosten zu verhandeln.“

90 Jahre Ermächtigungsgesetz

Am 23. März jährte sich die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes im März 1933 zum 90. Mal. Aus diesem Anlass wollte die SPD-Fraktion mit einer aktuellen Debatte die Geschehnisse in der gegenwärtigen Situation beleuchten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 endete die parlamentarische Demokratie binnen weniger Wochen. Bereits mit der Reichstagsbrand-Verordnung im Februar verloren Gegnerinnen und Gegner des Regimes jeden rechtlichen Schutz. Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen wurden mit der sogenannten Schutzhaft willkürlich, ohne richterliche Anordnung oder Überprüfung verhaftet und gefoltert. Die AfD deutete mit ihrem Wechselspiel aus Provokation und kalkuliertem Tabubruch die Demokratie- und Diktaturgeschichte komplett um.

Für die Fraktion DIE LINKE sprach die Fraktionsvorsitzende Eva von Angern in der Debatte und stellte klar: „Das Ermächtigungsgesetz vom 23. März, also der Beschluss in der Reichstagssitzung vor genau 90 Jahren, sicherte den Nazis dann den absoluten Durchgriff. Es hebelte die Gewaltenteilung, die Verwaltung der Länder und die Oppositionsrechte aus. Nicht einmal acht Wochen nach Machtantritt wurde aus der Weimarer Demokratie das Ein-Parteienregime der NSDAP. Die neuen Machthaber waren entschlossen, gewalttätig und skrupellos. Bereits am 1. April folgte der erste landesweite Boykott von Geschäften jüdischer Inhaber. Mit Verkündigung vom 7. April verloren die jüdischen Beamt*innen ihre Stellen im öffentlichen Dienst. Bereits vorher waren viele demokratisch gesinnte Beamte aus Verwaltung und Polizei entlassen worden. Ab Juli 1933 begann die zwangsweise Sterilisation und Ermordung von Menschen mit Behinderungen. Lange vor Auschwitz also griff das Deutsche Reich mit enormer Konsequenz in das Leben von hunderttausenden Verzweifelten ein.

Heute sind wir uns alle einig, zumindest der übergroße Teil hier, wie verbrecherisch die Zeit des Nationalsozialismus war. 90 Jahre nach Auschwitz, nach den Verbrechen in Bernburg, in der Lichtenburg und in Isenschnibbe, gibt es kaum jemanden, der keine Abscheu zeigt. Schwerer ist die Frage, wie dies alles möglich war und damit, wie es künftig zu verhindern sei. Allerdings, die Suche nach Antworten verlief gar nicht so entschlossen, wie Nachgeborene heute meinen könnten. Beide deutsche Teil- Gesellschaften mussten nach 1945 einen Aufbruch gestalten, der durch Menschheitsverbrechen belastet war. Beide deutsche Staaten haben dies, trotz großer Unterschiede, auch dadurch gelöst, diese schuldbeladene Vergangenheit einzufrieren, abzuwehren oder nur stückweise zuzulassen.

Die sichere Grundlage, auf der heute die bundesdeutschen Gerichte ehemalige Helfer der Vernichtungs- und Konzentrationslager verurteilen, gibt es noch gar nicht so lange. Erst nachdem 99 Prozent der direkt Beteiligten nicht mehr lebten, hat die Justiz die Kraft gefunden, die letzten der 99-jährigen Täterinnen zu verurteilen. Fritz Bauer vertraute den deutschen Behörden nicht und verabredete die Strafverfolgung von Adolf Eichmann vorsichtshalber nur mit der israelischen Regierung.

Die Deutlichkeit, mit der wir in heutigen Gedenkreden die Enteignung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung geißeln, hätten sich die wenigen Zurückgekehrten gewünscht, die lange versuchten, ihr im NS geraubtes Hab und Gut zurückzubekommen. Als ab 1995 die Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung durch Deutschland tourte, kam es zu unseligen Protesten. Sowohl Journalist*innen, Abgeordnete der CSU und CDU als auch Neonazigruppen mobilisierten in zahlreichen Städten gegen die Ausstellung und versuchten, das Bild der „sauberen Wehrmacht“ aufrechtzuerhalten.

Doch das Publikumsinteresse war enorm, und der längst belegte Forschungsstand zur Beteiligung am Holocaust drang ins allgemeine Bewusstsein vor. Kriegs- und Wehrmachtsverherrlichung waren bis dahin anschlussfähig. Ebenso ziehen sich, nicht nur rechte Gewalt, sondern auch Wahlerfolge rechtsextremer Parteien und Organisationen durch die Geschichte der Bundesrepublik.

Bereits in den 60er Jahren gelang der NPD der Einzug in sieben westdeutsche Landesparlamente. 1998 erreichte die DVU in Sachsen-Anhalt aus dem Stand ein Wahlergebnis von knapp 13 Prozent. Deren Abgeordneten gaben schon damals einen Vorgeschmack auf das Niveau, was auch heute in diesem Landesparlament zu finden ist. Warum dieser Exkurs? Nun, wir sehen, dass selbst das Unabweisbare zu lange strittig blieb. Millionen Tote sind nicht zu leugnen, aber, wer sie umgebracht hat, das bleibt umstritten. Je genauer man in die Archive schaut, umso mehr ahnt man, dass unser Vertrauen auf zivilisatorischen Fortschritt mehr Hoffnung als letzte Gewissheit ist. 2022, also 100 Jahre nach dem Marsch auf Rom übernimmt in Italien eine Ministerpräsidentin die Macht, die sich positiv auf den Diktator Mussolini bezieht. Die jetzige polnische Regierung verbietet Frauen den Schwangerschaftsabbruch, auch im Fall der Gefährdung des eigenen Lebens durch eine Schwangerschaft. Das neu gewählte rechte Regierungsbündnis in Israel will das Justizsystem schleifen. Donald Trump hatte 2021 versucht, seine Wahlniederlage durch Gewalt und rechtliche Tricks abzuwenden.

Demokratische Wahlen bringen zunehmend Parteien an die Macht, die die Gewaltenteilung abschaffen, die Opposition behindern, Minderheitenrechte abschaffen, das Wahlrecht instrumentell ändern wollen. Und auch in unserem Land gibt es immer wieder Angriffe auf Presse-, Kunstfreiheit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, deren Rechte wir mit aller Kraft verteidigen müssen. Von Beginn an benannten die Nazis aber auch im eigenen Jargon diejenigen, die im Gegensatz zur Volksgemeinschaft stünden und die stattdessen bluten müssten und die aufgeknüpft gehörten: „Juden, Sozis und Bolschewisten“. Keine Gemeinschaft ohne Feindbestimmung. Die NSDAP versteckte zu keinem Zeitpunkt ihre verbrecherischen Ziele.

Die deutsche Gesellschaft begrüßte mehrheitlich die Hybris vom Herrenmenschen, das Führerprinzip, die Raubzüge im Inland und in den Kriegsgebieten. Die gewaltsame Aussonderung von Minderheiten bot neue Gelegenheiten des Aufstieges. Auch das klingt aktuell nicht unbekannt. Aus zerstörten Lebenswegen der einen, wurden die Karrieren der anderen. Die in der Regel auch das Kriegsende überdauerten. Woran sich also politisch orientieren?

Für mich als LINKE bleibt ein zentraler Maßstab, den es hochzuhalten und zu verteidigen gilt: Alle Menschen sind gleich und frei geboren! Das ist das Ideal seit der Aufklärung, bekräftigt nach zwei Weltkriegen, das ist das Versprechen der Demokratie. Dieses Versprechen ist stark. Demokratische Politik muss sich fragen, wie sie dieses Ideal in Praxis übersetzt. Und die Wähler*innen der Rechten müssen sich fragen, ob sie eine Gesellschaft wollen, die sich nicht an diesem Ideal orientiert. Nach zwei Weltkriegen, und während eines Krieges in Europa und mitten im globalen gesellschaftlichen Wandel.“

#Sicherheit

Sicherheit für die Allgemeinheit erhöhen – Waffenrecht nutzen und schärfen

Der Femizid von Bad Lauchstädt muss den Landtag zur Frage führen, wie er sich hätte verhindern lassen und wie das Waffenrecht künftig gestaltet sein soll. Nach Informationen zu Vorereignissen, vorausgegangenen Bedrohungen des Opfers durch den Täter und Hilfeersuchen durch die am 8. März ermordete Frau, steht auch die Frage nach Versäumnissen in der polizeilichen und waffenbehördlichen Arbeit im Umgang mit dem Täter.

Das Waffenrecht bietet bereits in seiner jetzigen Fassung Möglichkeiten, Menschen, die durch Bedrohung, durch Angriffe oder durch sonstige Tatsachen eine Gefahr für die Sicherheit anderer oder die Allgemeinheit darstellen, zu entwaffnen, indem ein Verbot des Besitzes von Waffen erteilt wird. Die Fraktion DIE LINKE fordert mit ihrem Antrag (Drs. 8/2364) , dass die Polizeibehörden und Waffenbehörden im Land diese Form des Waffenverbots verbindlich anwenden. Die Sicherheit der Allgemeinheit muss höher gewichtet werden als bisher und als das grundsätzliche Recht, Waffen zu besitzen. Das heißt, die Zahl der Waffen im privaten Besitz und ihre Verfügbarkeit zu begrenzen. Außerdem ist zu überprüfen, welche Waffen künftig legal privat erwerbbar sein sollen und welche nicht. Die Fraktion DIE LINKE fordert, halbautomatische Waffen künftig dem privaten Besitz zu entziehen und eine kritische Überprüfung einzuleiten. Diese Debatte wird auch in Sachsen-Anhalt geführt.

Die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade betonte in ihrer Einbringung: „Am 8. März ereignete sich in Bad Lauchstädt ein Femizid. […] Diese Tat, so erschütternd sie ist, ist leider kein Einzelfall. Statistisch ereignet sich jeden dritten Tag ein Femizid in Deutschland. Dennoch ist das Thema nicht genug präsent. Ein Grund dafür dürfte sein, dass es entgegen den Forderungen der Fachverbände, Beratungsstellen und Interventionsstellen noch immer keinen eigenen Straftatbestand für Femizide gibt, also für Morde an Frauen, weil sie Frauen sind und die Täter eine bestimmte Vorstellung von Weiblichkeit haben.“

Bei der Berichterstattung sei noch immer dann vielfach die Rede von Beziehungstat, Familientragödie, Eifersuchts- oder Trennungsdrama, im Fall von nicht-deutschen Tätern oft auch von Ehrenmord. „Wer sich mit Femiziden beschäftigt, mit Opfern und mit Tätern, der weiß, dass die Täter weder Vorname noch Glaube, weder Hautfarbe noch Bildungsstand, weder Altersgruppe noch Milieu eint. Was sie eint, ist, sie sind Männer und sie haben ein Bild von Weiblichkeit, davon, wie eine Frau zu sein hat, wie sie sich zu benehmen hat, und sie sehen sich in der Rolle, Abweichungen davon zu bestrafen“, so Quade weiter.

Zu den Gründen, warum die Hilfe in diesem Fall nicht das Leben des Opfers retten konnte, sagte Henriette Quade: „Im Fall Bad Lauchstädt scheiterte schnelle und wirksame Hilfe für die Frau nicht an diesen Faktoren. Kerstin S. hat getan, was sie tun konnte. Sie hat alle Schritte unternommen, die ihr zur Verfügung standen. Trotz der strukturellen Defizite hat das Hilfsnetzwerk gegriffen. Hilfe scheiterte auch nicht daran, dass die zwei Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle, die für den Saalekreis, für Mansfeld-Südharz, für den Burgenlandkreis und für Halle zuständig sind, schlichtweg woanders gebraucht wurden und in einem der 80 bis 100 Fälle, die sie monatlich zu bearbeiten haben, unterwegs waren. Die Hilfe scheiterte in diesem Fall auch nicht an ansonsten in unseren Augen zweifellos bestehenden Gesetzeslücken. Wirksame Hilfe scheiterte am eklatanten Versagen von Polizei- und Waffenbehörde.“ Daraus leitet die Linksfraktion ihre im Antrag formulierten Forderungen ab.

Der Antrag wurde in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

#Mobilität

Soziale Alternativen zum 49-Euro-Ticket im Land gefordert

Sozialverbände und die Fraktion DIE LINKE weisen darauf hin, dass 49 Euro für das „Deutschland-Ticket“ für viele Menschen zu teuer sind. Die von Infrastrukturministerin Dr. Lydia Hüskens im Vorjahr ins Spiel gebrachten 29-Euro-Tickets für junge Leute bis 25 Jahre bzw. das 365-Tage-Ticket, das vom Landtag als Modellprojekt beschlossen war, weisen da in die richtige Richtung. Aus diesem sollte der Landtagsbeschluss für Modellprojekte zum „365-Tage-Ticket“ auch tatsächlich jetzt umgesetzt werden.

Doch es gibt weitere Hindernisse für die Umsetzung des 49-Euro-Tickets. Um dieses auch flächendeckend nutzbar zu machen, muss die Landesregierung bei der Ampel-Koalition in Berlin darauf drängen, die handwerklichen Fehler zu bereinigen, damit es keine „Ticket-Boykotte“ in einzelnen Regionen gibt, wie kürzlich in den Medien öffentlich wurde. Außerdem hat der Stadtrat Magdeburg zum August 2023 ein 9-Euro-Ticket für alle Schüler*innen beschlossen, die bisher noch nicht zeitweise kostenfrei fahren konnten, wodurch etwa 22.000 Schüler der Stadt gleichzeitig den ÖPNV auch an Wochenenden, Ferientagen und Abendstunden nutzen können. Dieser Vorstoß der Stadt Magdeburg soll nach dem Willen der Linksfraktion unterstützt und auf das gesamte Land ausgeweitet. Dazu soll die Landesregierung entsprechend das ÖPNV-Gesetz und das FAG anpassen.

Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin Kerstin Eisenreich, die den Antrag der Fraktion (Drs. 8/2363) einbrachte, kritisierte, dass das 49-Euro-Ticket auf keinen Fall sozial sei. Zum Vergleich: Der im Bürgergeld veranschlagte Regelsatz für Mobilität beträgt 45,02 Euro pro Monat. Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, kann sich das Ticket nicht leisten. „Ebenso unsäglich sind Verlautbarungen, dass zum Erwerb des Deutschland-Tickets eine Schufa-Auskunft Voraussetzung für die Bestellung sein soll. Das ist doch absurd, weil es gerade wieder Menschen mit geringem Einkommen trifft, die möglicherweise irgendwelche alten Einträge haben. Hier erwarten wir umgehende Aufklärung und Abhilfe, damit das Projekt nicht schon vorab zur Stolperfalle wird“, sagte Eisenreich.

Und mit blick auf den mangelnden Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur im ländlichen Raum ergänzte sie: „Und im ländlichen Raum stellt sich einmal mehr die Frage: Wo bleibt eigentlich mein Bus? Für ein flächendeckende attraktives Mobilitätsangebot muss der ÖPNV ausgebaut werden. Da ist das Land neben den Regionalisierungsmitteln vom Bund in der Pflicht. Immerhin sind die Regionalisierungsmittel erhöht worden. Trotzdem müssen wir auch als Land in die Hand nehmen! Finanzierungsreserven sind vorhanden. Also nutzen wir sie. Dazu haben wir in den kürzlichen Haushaltsverhandlungen konkrete Vorschläge unterbreitet, die immer noch aktuell sind. Der Landtag hat in seinem Entschließungsantrag zum flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur für Busse und Bahnen in der Drucksache 8/1895 sich klar dazu bekannt. Nun ist es an der Landesregierung, diesen auch mit Leben zu erfüllen.“

Der Antrag wurde abgelehnt.

#Gesundheit

Kinderärztliche Versorgung im Land sicherstellen

Die Not bei der flächendeckenden Versorgung selbst von zum Teil schwer erkrankten Kindern in Sachsen-Anhalt ist ein Skandal. Jetzt zeigen sich die Auswirkungen jahrelanger Versäumnisse bei der Absicherung von Standorten und das Aussitzen struktureller Probleme. Auch in der Kindermedizin wird das Entgeltsystem der Fallpauschalen angewandt, womit ein wirtschaftliches Arbeiten dieser Abteilungen kaum möglich und für Krankenhäuser defizitär ist. Somit findet die Versorgung der Kinder und Jugendlichen an immer weniger Standorten im Land statt. Unterstützungsprogramme für die Aus- und Weiterbildung, die ein angemessenes Arbeiten des medizinischen Personals ermöglichen und die Abwanderung in attraktivere Arbeitsfelder verhindern, müssen jetzt aufgelegt werden. Perspektivisch muss das Abwandern und die Verrentung vieler Ärzt*innen aus der Kinder- und Jugendmedizin in den kommenden Jahren durch einen Fahrplan abgefedert werden. Mit diesen Forderungen ist die Fraktion Die LINKE mit einem Antrag an den Landtag aktiv geworden (Drs. 8/2365). Außerdem hat der Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen eine alarmierende Stellungnahme zur aktuellen Situation herausgegeben, dessen Forderungen aus Sicht der Linksfraktion vom Gesundheitsministerium umgesetzt werden müssen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin Nicole Anger betonte bei der Einbringung: „Vor einigen Monaten wies ich bereits darauf hin, dass Gardelegen bald überall sein wird, und glauben Sie mir, in manchen Punkten habe ich nicht wirklich gern recht. In Gardelegen gibt es seit mehr als einem Jahr keine Kindermedizin mehr. Diese wurde vorübergehend vom Netz genommen, und bis heute hat sich daran nichts geändert. Vorübergehend ist also ein Dauerzustand. Eltern fahren in Gardelegen 45 Minuten - Minimum - bis zur nächsten Kindermedizin. Genau diese Situation, meine Damen und Herren, wird in Kürze wohl auch in Zeitz eintreten. Bis Naumburg sind es mindestens 45 Minuten Fahrtzeit. Kinderklinik und Geburtsstation droht dort das Aus. So kann man sich auch von der Kinderfreundlichkeit und dem Familienzuzug im ländlichen Raum verabschieden und selbige von der medizinischen Grundversorgung abhängen.“ Die Schließung der Kinder-IST am Universitätsklinikum Magdeburg bezeichnete sie als Skandal. Als Ursachen benannte sie neben der mangelhaften Finanzierung auch die jahrelang vernachlässigte Fachkräftesicherung durch die Landesregierung, die eben nicht dafür sorgt, dass Fachkräfte im Land gehalten, geschweige denn mit guten Bedingungen gewonnen werden.

„Für meine Fraktion ist klar: Es braucht neben einer kurzfristigen Lösung auch ein langfristiges Konzept zur Sicherung der Pädiatrie und der Kinder-ITS im Speziellen. Es gilt, eine bedarfsgerechte Versorgung zu ermöglichen. Kinder- und Jugendmedizin ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge. Kinder- und Jugendmedizin ist ein wesentlicher Standortfaktor. Dazu muss man auch über Kooperationen nachdenken.“ Und sie schloss: „Mit wem könnte man ein Konzept zur Fachkräftegewinnung besser entwickeln als mit den Expertinnen selbst, den Kindermediziner*innen und den Kinderintensivmediziner*innen? Holen Sie sich diese Expertinnen unbedingt mit ins Boot; denn diese wissen am besten, was eine gute medizinische Versorgung für unsere Jüngsten bedeutet und wie diese auszusehen hat.“

Der Antrag wurde abgelehnt.

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Stiller Protest zum Femizid von Bad Lauchstädt

Vor Beginn der Landtagssitzung am 22. März fand vor dem Landtag eine Protest- und Mahnwache gegen Gewalt an Frauen statt. Anlass war der Femizid am 8. März 2023 in Bad Lauchstädt. Politiker*innen, Berater*innen und Unterstützer*innen des Beratungs- und Hilfesystems für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt gedachten schweigend der Ermordeten und forderten Gewalt gegen Frauen zu stoppen, im gesamten Land mehr für Gewaltprävention zu tun und die Opfer besser zu schützen.

Weiterer Versuch zur Wahl eines Vizepräsidenten der AfD fehlgeschlagen

Die Fraktion der AfD unternahm erneut einen Anlauf, einen ihrer Abgeordneten zum Vizepräsidenten des Landtages wählen zu lassen. Die Margret Wendt erhielt nicht die erforderlichen Stimmen.

Erstellt von Kerstin Eisenreich (MdL), 31. März 2023

Mehr und Ausführlicheres über Inhalte und Debatten der Landtagssitzungen im März 2023 ist auf den Internetseiten der Landtagsfraktion zu finden: www.dielinke-fraktion-lsa.de.

Auch auf Facebook, Twitter und Instagram können die Debatten verfolgt werden.

Zur 18. Sitzungsperiode des Landtages standen 24 Themen auf der Tagesordnung,

zu denen am 23. und 24. Februar debattiert und abgestimmt wurde

#Senior*innen

Senior*innenpolitisches Programm – Altenhilfe und Pflege in Sachsen-Anhalt

Mehrgenerationenhäuser, Ehrenamtslotsen, Senioren‐Kompetenzteams – das sind einige Schlagworte und Ziele aus dem seniorenpolitischen Programm des Landes. Mit einer Großen Anfrage (Drs.: 8/2071) hat die Fraktion DIE LINKE das Thema auf die Tagesordnung gebracht, da die Antworten der Landesregierung auf die mehr als 80 Fragen nunmehr vorliegen. Die Antworten der Landesregierung waren erschreckend und haben in Gänze Kenntnislosigkeit, Desinteresse sowie Strategielosigkeit der Landesregierung im Bereich Seniorenpolitik aufgezeigt. Es sei jetzt mehr als notwendig, dass wir aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen ziehen für das seniorenpolitische Folgeprogramm. Die Landesregierung müsse die Verantwortung der Seniorenpolitik annehmen und dürfe nicht nur auf die Querschnittsaufgabe und die ausführenden Strukturen verweisen, damit wir endlich die nachhaltige Teilhabestrukturen für unsere Senior*innen ermöglichen können. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE einen Entschließungsantrag (Drs. 8/2250) dazu eingebracht.

Monika Hohmann, seniorenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, kritisierte, dass das 2020 ausgelaufene Seniorenpolitische Programm von der Landesregierung nicht evaluiert worden sei. „Ernüchtert stellen wir fest, dass etwa ein Viertel der damals im Programm festgeschriebenen Maßnahmen realisiert wurde - ein Viertel von 25 Maßnahmen!“, sagte sie. Sie musste feststellen, dass so ziemlich in allen Bereichen – Wohnen, Teilhabe, Beratung, Mobilität, Barrierefreiheit usw. – weiterhin massive Defizite bestehen. Diese greift der Entschließungsantrag auf und fordert entsprechende Änderungen.

Angenommen wurde ein Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.

#Integration

Schutzsuchenden helfen – Integration befördern – Kosten gerecht verteilen

Die Unterbringung Schutzsuchender, Geflüchteter und Asylsuchender stellt eine unabweisbare humanitäre und rechtliche Verpflichtung dar. Diese Feststellung trifft der Antrag der Linksfraktion (Drs. 8/2251). Der Bund leistet nach unserer Auffassung bisher nicht den nötigen und umfassenden Beitrag zur gerechten Verteilung der Kosten. Mit einer umfassenden Erstattung der Kosten, sowohl für die Erschließung und Nutzung von Unterbringungsmöglichkeiten, als auch für aus Zuwanderung resultierenden Kosten wie Mehrausgaben für Kita- und Schulplätze soll hier Abhilfe geschaffen werden.

Außerdem sollen die Möglichkeiten für eine menschenwürdige, sichere und integrationsfördernde Unterbringung im Land genutzt werden. Dass Menschen über Jahre zwangsweise und gegen ihren Willen in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen, während Kapazitätsprobleme bei der Unterbringung neu Ankommender beklagt werden, ist ungerecht. Entscheidend sind die Bedingungen für Integration. Das positive Beispiel von Integrationsförderung und -ermöglichung im Burgendlandkreis unter Landrat Götz Ulrich (CDU) soll zum Standard für das Handeln von Ausländerbehörden gemacht werden und so Integration in den Arbeitsmarkt befördert werden.

Die für Migration und Integration zuständige Sprecherin Henriette Quade betonte in ihrer Einbringung: „Die Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter und Asylsuchender ist eine humanitäre Verantwortung. Und sie ist eine Pflicht, die sich unmittelbar aus dem Grundgesetz sowie Europa- und Unionsrecht ergibt.“ Und sie verwies darauf, dass während die Geflüchteten gegen unzählige Hürden anzukämpfen haben, die ihnen deutsches Aufenthaltsrecht und Ausländerbehörden in den Weg stellen, die sie von Sprachkursen fernhalten, die sie zwingen, in Gemeinschaftsunterkünften zu leben, die gut für die schnelle Erstaufnahme sind, aber nicht für ein Leben, die ihnen die Arbeitserlaubnis verweigern, die sie, wenn sie krank sind, zum Amt anstatt zum Arzt zwingen, würden sie zum Problem schlechthin, also zur Belastung, zur Überforderung und zu Konkurrenten gemacht. Das sei nicht nur ungerecht. Es sei auch brandgefährlich, weil es Rassismus, Ausgrenzung und Abwehr bestärkt und nicht bekämpft.

Der Antrag wurde in die Ausschüsse für Inneres und Sport sowie Finanzen überwiesen.

#Bildung

Bildungsforum zur Krisenbewältigung

Gute Schulen brauchen mehr und motivierte Pädagog*innen. Unter diesem Titel hat die Linksfraktion einen Antrag (Drs. 8/2248), der den überstürzten Schulgipfel des Ministerpräsidenten, als einseitig von der Landesregierung bestimmte Veranstaltung zur Verkündung von bereits feststehenden Maßnahmen war. Damit sei ein verheerendes Signal in die Lehrerschaft gesendet worden.

Mit diesem Gipfel habe die Landesregierung viele Fragen, aber so gut wie keine Lösungen produziert. Sie habe bei den Lehrkräften Empörung und Wut erzeugt. Das Vertrauen in die Landesregierung sei erheblich erschüttert. Der gescheiterte Schulgipfel dürfe nicht das Ende einer Suche nach tragfähigen Lösungen für eine tiefgreifende Schulkrise sein.

Thomas Lippmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher betonte: „Hinzu kommt der konservative Glaube an die Segnungen des gegliederten Schulsystems, ohne sich z. B. mit dem Scheitern der Sekundarschule auseinanderzusetzen und auch ohne den Willen, inklusive Förderung so zu organisieren, dass alle Kinder und Jugendlichen eine faire Chance im gemeinsamen Unterricht haben.

Die Bilanz der letzten vier Wahlperioden ist verheerend: Wir haben bundesweit das geringste Unterrichtsangebot, die geringste Anzahl von höheren Schulabschlüssen und dafür die höchste Anzahl von Schülerinnen und Schülern ohne regulären Schulabschluss. Die Schwächung unseres Schulsystems ist die schwerste Hypothek für die individuellen, sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven im Land.“

Darüber hinaus fordert DIE LINKE die Landesregierung auf, zwei ihrer zentralen Vorhaben vom 19. Januar zu korrigieren. Das sind zum einen die Einführung der verpflichtenden Vorgriffstunde für alle Lehrkräfte und zum anderen die Kopplung der Besoldungsgruppe A 13 für die Grundschullehrkräfte an die Entstehung von Ganztagsgrundschulen. „Außer einem Haufen Ärger und demotivierten Lehrkräften werden Sie mit fast leeren Händen dastehen. Sie verschlechtern zusätzlich die Wettbewerbsbedingungen für Neueinstellungen. Die Vorgriffstunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist wirklich die blödeste Idee, die Sie haben konnten. Sie werden sich daran die Finger verbrennen“, sagte Thomas Lippmann. Zukunftsweisend sei das alles nicht.

Der Antrag wurde abgelehnt.

#Reparaturbonus

Reparaturbonus nach Thüringer Vorbild vom Landtag abgelehnt

„Anderthalb Jahre hat die Befassung unseres Antrages [Drs. 8/230] ‚Reparieren statt Wegwerfen‘ zum Reparaturbonus nach Thüringer Vorbild gedauert“, sagte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin Kerstin Eisenreich, „Wer nun meint, dass da sehr intensive sachorientierte Debatten stattfanden, geht leider fehl.“ Die sehr seichte Beschlussempfehlung aus den Ausschussberatungen orientiere allein auf Aufklärung und Information. Das führt allerdings nicht zu direkten Entlastungen und tatsächlichen Anreizen, wie dies ein Reparaturbonus hätte leisten können.

Schließlich habe das Land eine Nachhaltigkeitsstrategie, die auf Ressourcenschonung orientiere. Dazu könnten Reparaturen von Alltagsgegenständen und elektrischen sowie elektronischen Geräten einen wichtigen Beitrag leisten, zumal Reparaturen häufig verhältnismäßig teuer sind und damit eine Neuanschaffung lukrativer erscheint.

In Thüringen und auch in Österreich laufen solche Förderprogramme sehr gut und auch die vielmals vermeintlich überlasteten Handwerker*innen scheinen doch diese Aufträge zu bewältigen. Damit wird zugleich die regionale Wertschöpfung weiter gestärkt.

Leider hat es Sachsen-Anhalt wieder einmal verpasst, zumindest als zweites Bundesland hier voranzugehen. Während hier der Bonus abgelehnt wird, hat Sachsen ein Programm von 2,5 Millionen Euro für zwei Jahre aufgelegt. Nachhaltigkeit scheint noch immer nicht bei allen angekommen zu sein, auch nicht im Parlament.

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Weiterer Versuch zur Wahl eines Vizepräsidenten der AfD fehlgeschlagen

Die Fraktion der AfD unternahm erneut einen Anlauf, einen ihrer Abgeordneten zum Vizepräsidenten des Landtages wählen zu lassen. Der vorgeschlagene Jan Scharfenort scheiterte deutlich.

Erstellt von Kerstin Eisenreich (MdL), 10. März 2023

Mehr und Ausführlicheres über Inhalte und Debatten der Landtagssitzungen im Februar 2023 ist auf den Internetseiten der Landtagsfraktion zu finden: www.dielinke-fraktion-lsa.de.

Auch auf Facebook, Twitter und Instagram können die Debatten verfolgt werden.