Peter Sodann: In den Bananenkisten des Westens liegt das Wissen des Ostens

Das sächsische Staucha war für GenossInnen und SympathIsantinnen aus dem Burgenlandkreis Ziel einer Bildungsfahrt der besonderen Art.

Von Maria Barsi 

Hans Klitzschmüller vom Stadtverband Weißenfels hatte Tage zuvor noch Bauchgrummeln, ob er denn „seinen“ Bus halbwegs so voll bekommen würde, dass die Kosten sich in erträglichem Maße halten würden. Er hatte unbedingt „wieder mal was Gemeinsames unternehmen“ wollen. Und dann gingen mit ihm immerhin 36 Leute auf die Busfahrt zur Peter-Sodann-Bibliothek ins sächsische Staucha. Das durfte er getrost auch als Erfolg für sein Organisations- und Überredungstalent verbuchen. Mit auf die Reise gingen Neugierige zwischen Bad Kösen und der Elsteraue und Ida Brauer, die 40 Jahre lang als Kindergärtnerin in Bad Kösen arbeitete, verkürzte die Fahrt aus dem Stegreif mit mancherlei Schnurren aus ihrer Zeit mit den Kindern. 

Dass die Fahrt in diese einzigartige Bibliothek doch recht lang ist, ist ja dem Umstand zu verdanken, dass sich in Sachsen-Anhalt keine Kommune fand, die Sodanns Anliegen, Druckerzeugnisse von DDR-Verlagen und einen Teil der weggeworfenen Bücher von rund 20 000 Bibliotheken vor der Müllkippe beziehungsweise Verbrennungsanlage zu bewahren, als wirklich unterstützungswert erkannte. Die Stauchaer erkannten es, wenn auch durchaus auch aus eigenem Interesse. Denn sie hatten gerade mit viel Geld aus verschiedenen Töpfen ihr altes Rittergut saniert, noch bevor sie sich über die Nutzungsmöglichkeiten so recht im Klaren waren. Sodann kaufte sich dort mit Geld aus dem Verkauf seines Elternhauses ein und hat nun genügend Platz für den Aufbau einer Bibliothek und eines Antiquariates, dessen Erlöse zu Ersterem beitragen. Dazu gibt es auf dem Hof eine schöne Markthalle, in der alle zwei Wochen überwiegend Produkte aus der Umgebung verkauft werden oder Ausstellungen stattfinden. 

Peter Sodann (und auch die Markthändler und Imbissbetreiber) freuten sich über die Besucher und Sodann führte sie auch hinter Türen, die im Allgemeinen nicht offen stehen. Dann erst vermag man die Größe der Aufgabe zu erahnen, der sich der Mann gestellt hat. Dort, wo an der sonnengelben Fassade Brechts „Fragen eines lesenden Arbeiters“ und ein Zitat von Arthur Schopenhauer nachdenklich machen, stehen bereits Bücher über Bücher in hohen Metallregalen, liegen noch sehr, sehr viele in Bananenkisten aus stabiler Pappe. „In den Bananenkisten des Westens liegt das Wissen des Ostens“, sagt Sodann lapidar und jeder kann sich selbst seinen Reim darauf machen. Dieser Satz übrigens soll von der Stirnseite seines noch zu bauenden Hoftheaterchens auf die Zuschauer wirken, denn er möchte auch auf diese Weise etwas dagegen tun, dass „das Volk dumm bleiben soll.“ 

Die für den Laien unvorstellbare 250 000 Bücher wurden bereits katalogisiert. Was nicht als Einzelexemplar in die Bibliothekssammlung aufgenommen wird, kommt ins Antiquariat im Nachbargebäude und kann dort von jedermann erworben werden. Und das sind beileibe nicht nur oft gelesene Bücher, sondern auch nagelneue, viele Kinderbücher darunter, Kunstbände und hochwertige Fotobücher. Denn das darf man nicht vergessen: auch wenn Sodann für seine vielen Bücher nun einen würdigen Unterschlupf gefunden hat, wartet noch immer ein sehr großer Teil des riesigen Bücherschatzes aufs Auspacken, Sortieren, Katalogisieren. Noch ist längst nicht alles davon wirklich gerettet. Dass da vieles im Ehrenamt geschehen muss, ist klar, dazu gibt es Unterstützung seitens der Gemeinde durch Bürgerarbeiter. Aber ohne Geld geht halt auch nichts voran. Da ließen sich die schwer beeindruckten Besucher aus dem Burgenlandkreis nicht lumpen, spendeten reichlich und erwarben im Antiquariat auch das eine oder andere Buch, das sie schon immer mal haben wollten. 

. Wer sich mit Bücherspenden am Aufbau der Bibliothek beteiligen möchte, kann sich auch an Hans Klitzschmüller wenden, denn aus Weißenfels geht mehr oder regelmäßig eine „Fuhre“ nach Staucha. 

. Die Peter-Sodann-Bibliothek am Thomas-Müntzer-Platz 8, 01594 Staucha ist montags bis freitags von 8 bis 14 Uhr geöffnet. Tel.: 035268-94 95 74, 035268-85 98 31; E-Mail:psb-staucha@t-online.de