Mit Lebenslust auf den Weg zur Wohlfühlkommune

Kommunalpolitische Werkstatt pflasterte schon mal einige Steinchen.

Von Maria Barsi 

Mit „Wohlfühlkommune“ hatten die Organisatorinnen vom Landesvorstand der LINKEN, von der Frauenarbeitsgemeinschaft „Lisa“ und vom „kommunalpolitischen Forum Sachsen-Anhalt e.V.“ ein schönes Motto für ihre kommunalpolitische Werkstatt am 22. September im halleschen Multimediazentrum gefunden. Ein „Treffen von coolen Köpfen und heißen Herzen“ sollte es nach dem Wunsch von Karin Denk aus der Elsteraue des Burgenlandkreises werden. Man wolle ohne Sachzwänge frei über die verschiedensten Aspekte des Mottos diskutieren, erklärte Birke Bull, die Landesvorsitzende der LINKEN. Das diene auch der Kandidatenfindung für die bevorstehenden Kommunalwahlen. Und sie dachte wohl vor allem an ältere Genossinnen und Genossen, als sie launig meinte: „Sie lieben den Festvortrag und im Anschluss das angenehme Gefühl, mal darüber geredet zu haben. Und deshalb probieren wir mal ein neues Format.“ 

Das „neue Format“ entpuppte sich als sechs Gesprächsrunden zu speziellen Themen über jeweils eine halbe Stunde. Man konnte nach dieser Zeit an einen anderen Tisch mit einem anderen Thema wechseln oder es auch bleiben lassen. An jedem der Tische wurden nach kurzen Impulsreferaten gemeinsam mit Expertinnen und Experten Ideen und Nachdenkenswertes zum Thema gesammelt und zum Schluss als Ergebnis vorgetragen: kurz und konzentriert auf das Wesentliche. 

Dr. Barbara Kaaden zum Beispiel, Merseburger Bürgermeisterin und Stadtplanerin, verwies darauf, dass sich mit der raschen Veränderung der Städte und unter enormen finanziellen Zwängen die Gesellschaft polarisiere, viele Einwohner nicht mehr erreicht würden, nicht wenige Probleme kaum lösbar seien und nicht zuletzt die zunehmende Konkurrenz zwischen den Städten in die Stadtplanung einflösse. Dagmar Zoschke, seit 1994 in der Kommunalpolitik, lernte als Vorsitzende des Landtags-Ausschusses für Arbeit und Soziales und behindertenpolitische Sprecherin der LINKEN-Landtagsfraktion, dass man nur mit  Ausdauer, der Fähigkeit sich ständig zu wiederholen und immer wieder neu Partner zu suchen, in der Kommunalpolitik etwas für die Bürger erreichen könne. 

 Für das gesellschaftspolitisch relativ neue Thema „Inklusion“, die Einbeziehung aller Interessengruppen also, stand Hans-Werner Brüning, Beigeordneter für Soziales, Jugend und Gesundheit der Stadt Magdeburg. Er  betonte, dass Inklusion allumfassend angegangen werden müsse, nicht nur in Kindergärten und Schulen, Planungsprozesse generell öffentlich sein und man über Kinder- und Familienarmut ebenso sprechen müsse wie über die Entwicklung sozialer Infrastrukturen. Im Übrigen solle man „das Alter“ ruhig auch als Chance für die Stadt begreifen. Und wenn man über „Gesunde Städte und Gemeinden“ spricht, so Dr. habil. Viola Schubert-Lehnhardt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-Anhalt, dann dürfe man nicht nur über Krankheiten und Vorbeugung reden, sondern auch über Lebenslust. Also auch über Fitness-Geräte in Parks und Grünanlagen, über Wartezeiten all überall oder darüber, dass das Naherholungsgebiet Dölauer Heide seit Jahren von der S-Bahn abgeschnitten ist und überhaupt über die Verkehrsanbindungen zum Umland. 

Christina Emmrich, als stellvertretene Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Lichtenberg und Leiterin der Abteilung Jugend und Sport verantwortlich für mehr als 280 000 Einwohner, hat beim Thema BürgerInnenkommune schon mehr Praxis vorzuweisen als andere Kommunalpolitiker in der Theorie. Bürgerschaftliches Engagement erreiche man nur, wenn man die Bürger auf Augenhöhe mit Politik und Verwaltung mitmischen lasse. Ihre Interessen und Vorstellungen vom Leben in ihrer Kommune müssten Orientierung für die Planungen in allen Ressorts sein, auch wenn das durchaus mehr Arbeit für die Verwaltungen ist. Und letztlich muss natürlich auch und gerade eine Wohlfühlkommune finanziert werden. Das war das spezielle Thema am Tisch mit Katrin Kunert von der Bundestagsfraktion der LINKEN. Nicht alles, was Bürger wollen, könne umgesetzt werden, das sei ja nun mal klar. Es gehe um die Schwerpunkte. Darum, wer sie setzt und wie sie gesetzt werden. Retten uns Zusammenschlüsse? fragte sie zweifelnd und wie setzt man durch, dass die Sparkassen Gewinne statt hier und da Spenden an die Kommen geben? 

Kurzum: ein spannender halber Tag in diskussionsfreudiger und sehr angenehmer Atmosphäre, zu dessen Ende hin viele Kontakte geknüpft waren. Und wer im Vorfeld vielleicht glaubte, das sei eine von Frauen organisierte Frauenveranstaltung, der irrte. Fast ein Drittel der Teilnehmer waren Männer, denn schließlich richtet sich der Wunsch nach einer Kommune, in der man sich wohlfühlen kann, an alle. Inklusion eben.