Gedenken an die Gefallenen des Kapp Putsches in Weißenfels

Erinnern und Gedenken e.V., Hans Klitzschmüller

Im „Weißenfelser Heimatbote“ im März 1958 schreibt Kurt Beuthan (1887-1961) gelernter Schuhmacher und Museumsleiter in Weißenfels 1950-1961 unter der Überschrift "Wenn Steine reden":

 

"Märztage 1920. Die Arbeiterschaft in Deutschland seufzt unter der Last, die ihr durch das verlorene wahnsinnige Kriegsabenteuer der Imperia­listen im eigenen Lande aufgebürdet worden ist. Damit nicht genug sollen auch die wenigen Zugeständnisse, die zur Beruhigung der breiten Massen widerwillig gemacht werden mussten, wieder beseitigt werden. Eine Militärdiktatur soll wieder „Ordnung“ schaffen. Aber, man könnte es beinahe ein Wunder nennen, die ganze werktätige Bevölkerung erhob sich ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit, der Weltanschauung oder sonstiger Interessen, und in wenigen Tagen waren die Putschisten samt den hinter ihnen stehenden Kreisen der Schwerindustrie, von Stahl, Kohle und Chemie, der Bankmagnaten und Militaristen niedergeschlagen."

Ein Gedenkstein für die gefallenen Arbeiter steht auf dem Weißenfelser Friedhof Am Sausenhölzchen. Durch linke Weißenfelser organisierte Arbeiter wurde ein Findling aus einer Kiesgrube am Meilenstein, links der Merseburger Landstraße, geborgen und als Mahnmal auf dem Friedhof am Platz der Bestattung der acht getöteten aufgestellt. Der später von den Faschisten ermordete Steinmetz und Jungkommunist Fritz Schellbach meißelte Worte des Gedenkens ein. Bei einer Gedenkfeier am 20. März 1927 wurde der Stein und damit die Gedenkstätte eingeweiht.

Sofort nach der Machtübernahme, durch die sich Nationalsozialisten nennenden Hitlerfaschisten, wurde der Stein beseitigt. Auch die Walther- Rathenau- Brücke verlor damals ihren Namen, wie das ja in allen Fällen mit nicht genehmen Benennungen in ganz Deutsch­land gemacht worden ist.

Nach dem Ende des zwölf Jahre währenden 1000-jährigen Reiches erinnerten sich viele alte Antifaschisten des Steines. Eine akribische Suche setzte ein, die schließlich zum Erfolg führte. Es stellte sich heraus, dass ein hiesiger Steinmetzmeister den Findling erworben hatte, um ihn an eine Familie in Zeitz zu verkaufen. Es bedurfte energischer Maßnahmen, um sowohl die Käufer als letzten Endes auch den Steinmetzmeister davon zu überzeugen, dass der Stein unver­äußerliches Eigentum der hiesigen Arbeiterschaft war und bleibt.

Schlussendlich wurde der Stein wieder an seine alte Stelle gesetzt und in seinen früheren Zustand gebracht. Die Neueinwei­hung fand am 18. 3. 1954 statt. Die Beteiligung an dieser Feier von Seiten der Arbeiterschaft war außerordentlich stark. Regelmäßig versammeln sich all­jährlich Menschen in den Märztagen an dieser Gedenkstätte.

Diese Tradition hat der Verein Erinnern und Gedenken aufgegriffen und sorgt gemeinsam mit der Friedhofsverwaltung der Stadt für die Pflege und die Erhaltung der Tradition. Im nächsten Jahr will der Verein das Denkmal für die gefallenen SiPo Angehörigen, welches sich am anderen Ende des Gräberfeldes befindet, in das Gedenken einbeziehen, um klar auszudrücken, dass Gewalt zur Erreichung politischer und geostrategischer Ziele immer nur menschliches Leid und Zerstörung der Lebensgrundlagen bedeutet.