Fraktion DIE LINKE: Will Ministerpräsident Böhmer sein Volk neu wählen?

DIE LINKE. im Landtag

Zu jüngsten Äußerungen von Ministerpräsident Böhmer zur Lebensfähigkeit der Demokratie bemerkt der Vorsitzende der Fraktion Wulf Gallert:

Zu jüngsten Äußerungen von Ministerpräsident Böhmer zur Lebensfähigkeit der Demokratie bemerkt der Vorsitzende der Fraktion Wulf Gallert:

„Wenn Herr Böhmer meint, Demokratien seien nur lebensfähig, wenn sie von ihren Bürgerinnen und Bürgern verstanden würden und dass es wichtig sei, Demokratie zu erklären, dann offenbart er ein - vorsichtig formuliert - höchst eigenwilliges Politik- und Demokratieverständnis.

Es ist gewiss völlig unstrittig und muss nicht gebetsmühlenartig wiederholt werden, dass politischer Bildung für eine funktionierende Demokratie ein hoher, nicht zu unterschätzender Stellenwert beikommt.

Nicht zuletzt deshalb fordert DIE LINKE seit langem mit großer Beharrlichkeit u.a. die ausreichende Finanzierung der Hochschulen und eine Erweiterung des Einstellungskorridors gerade im Bildungsbereich.

Spätestens mit dem Sachsen-Anhalt-Minitor ist evident, dass die Bevölkerung mit der Politik wie den Politikerinnen und Politikern nicht zufrieden ist.
Herr Böhmer nun zieht daraus den Schluss, es gelte, das Volk zu erziehen. Offenkundig ist ihm der Gedanke völlig fremd, dass der messbare Vertrauensverlust in politische Institutionen und Abläufe vor allem damit etwas zu tun hat, wie die politischen Institutionen arbeiten, wie politische Abläufe sich vollziehen.

Das Problem liegt eben nicht darin, dass Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen, was abläuft - ganz im Gegenteil: Sie verstehen es sehr wohl.

Was aber sollen Menschen davon halten, wenn ihnen auf den seit dem Herbst 1989 größten Protestaktionen, den Montagsdemonstrationen, nicht mehr als ein BASTA entgegengeschleudert wird? Diese Art von Politik schadet der Demokratie, nicht etwa das Unvermögen, sie zu verstehen.

Veränderungen zum Besseren werden wir erst dann spüren, wenn die Politik sich an den Bedürfnissen, den Interessen der Menschen orientiert, wenn diese sich im politischen Willensbildungsprozess wiederfinden. Die Verweigerung von gesetzlichen Mindestlöhnen, eine verkorkste, den Namen nicht verdienende Gesundheitsreform oder Kriegsbeteiligung in Afghanistan stehen dafür ausdrücklich nicht.

Wenn aber Herr Böhmer nicht mehr als die Absicht zu erklären, zu erziehen anbieten kann, dann wird ihm wohl frei nach Brecht nur dieses bleiben: Wenn die Regierenden dem Volk ihr Handeln nicht verständlich machen können, müssen sie sich eben ein neues wählen.
Zukunftsweisend für Sachsen-Anhalt ist das wahrlich nicht.“

Magdeburg, 2. November 2007