Anke Lohmann: Demokratieentwicklung zum Nulltarif?

Es mag das Geheimnis des Finanzministers (SPD) bleiben, warum er in seinem Sparpapier vom Juni 2009 u.a. „die Streichung  der Projektmittel für Ausländerbeauftragte und gegen Rechtsextremismus“, der „Suchtberatung“ und die „Streichung Frauenhäuser, -beratung“ vorgeschlagen hat. Im Gesamtrahmen des Milliardenloches ergeben sich aus diesen Projekten minimale Einsparungen. Die Träger zu erinnern, dass sie im Bereich der so genannten Freiwilligen Leistungen arbeiten, kann er sich getrost ersparen. Jeder, der dort tätig ist, kennt das Problem jährlicher Kündigungen, auslaufender Projektgelder und Kofinanzierung oder verspäteter Förderbescheide aus dem Effeff. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in Teilzeit, ihre Stellen sind seit Jahren prekär. Also wird der Eindruck vermittelt, auf diese Arbeit könne verzichtet werden. Eine politische Einschätzung, die als Signal an den Koalitionspartner CDU auch nicht notwendig gewesen wäre. Bereits 2002 wollte diese, damals gemeinsam mit der FDP, den Miteinander e.V. als Fachträger platt machen.

Die Beratungsnetzwerke zum Rechtsextremismus und zur Unterstützung von Opfern rechter Gewalt arbeiten mit Kommunen, öffentlichen Einrichtungen und Politik zum Umgang mit Rechtsextremismus und Gewalt sowie zur Demokratieentwicklung in vielfältiger und anspruchsvoller Weise zusammen. Es ist ein Teilerfolg der letzten Jahre, dass es eine höhere Sensibilität und einen offeneren Umgang in den Gemeinden mit dem Problem Rechtsextremismus gibt. Die Berater können lange nicht alle Anfragen abdecken, es gibt zusätzlich enorme Bedarfe im schulischen Bereich, in der Gewaltprävention und in der Integrationsarbeit. Es gibt einen gefährlichen Fehlschluss aus der an sich richtigen Einschätzung, die Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus sei eine Querschnittsaufgabe – und damit könne sie überall gemacht werden. Wer die Beratung und die Breite der anfragenden Institutionen kennt, weiß, dass es ohne die fachliche Spezialisierung nicht geht.

Sachsen-Anhalt muss sich den Problemen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt stellen. Im August liegt der Tod zweier Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt genau ein Jahr zurück, ein angehender Kunststudent wurde am 17. August 2008 in Magdeburg erschlagen, wenige Tage später, am 24. August, ein 18-Jähriger in Bernburg erstochen. Wenn das Land Sachsen-Anhalt auf Demokratieentwicklung verzichten kann, heißt das für die Familien der Opfer und hunderte andere Betroffene, dass ihre Erfahrungen von Gewalt und Ausgrenzung nur Zufallsereignisse waren.