Kindswohlgefährdung mit Ansage – Abschiebung stoppen

Nicole Anger, Henriette Quade
PressePresserklärungen DIE LINKE. im Landtag Henriette QuadeNicole Anger

Seit Tagen beschäftigt die geplante Abschiebung der Familie Barjamovic aus Magdeburg die Unterstützer:innen der Familie und die Öffentlichkeit. Für die Familie selbst ist die drohende Abschiebung eine Katastrophe. Dazu erklären die kinder- und jugendpolitische Sprecherin und Magdeburger Abgeordnete Nicole Anger sowie die migrationspolitische Sprecherin Henriette Quade:

»Seit über zehn Jahren lebt die Familien in der Landeshauptstadt. Für die sechs Kinder der Familie Barjamovic ist Magdeburg ihr Zuhause. Drei von ihnen wurden sogar hier geboren. Sie gehen hier zur Schule, haben viele Freund:innen, engagieren sich im Breakdance – und sind damit auch weit über die Stadtgrenzen hinaus erfolgreich und bekannt. Das Tanzen in der Break Grenzen Crew brachte den Barjamovic-Brüdern sogar den Integrationspreis des Landes. Sechs Kinder sollen aus ihrem vertrauten Umfeld, ihrem Zuhause herausgerissen werden. Sie sollen in ein Land abgeschoben werden, dessen Bildungssprache sie nicht sprechen, in dem sie eine ethnische Minderheit sind, zu dessen Gesundheitssystem sie als Roma so gut wie keinen Zugang haben. Der jüngste der Brüder, gerade fünf Jahre alt, hat eine seltene Erbkrankheit und braucht regelmäßige medizinische Behandlungen. Die bekäme er in Serbien nicht. Was hier passiert, ist sechsfache Kindeswohlgefährdung mit Ansage. Über allen Entscheidungen muss das Wohl des Kindes stehen – das ganz persönliche, genauso wie das gesundheitliche als auch das Recht auf Bildung. Zum Wohle dieser sechs Kinder appellieren wir an alle Verantwortlichen, sie nicht aus ihrem Zuhause abzuschieben, sie nicht ihres Umfeldes und ihrer Freund:innen zu berauben. Nesa, Emanuel, Josif, Alex, Mario und Marina sowie ihre Eltern gehören zu Magdeburg. Hier sollen sie weiterhin zuhause sein und jede Unterstützung, die sie benötigen bekommen.

Der Vorwurf der zahlreichen Fehlstunden insbesondere des ältesten Sohnes ist ein Hilferuf und kein Versagen der Eltern. Der Vater ist chronisch krank und auf Hilfe angewiesen. Die Mutter hat eine Intelligenzminderung, ihr fällt die Alltagsgestaltung schwer. Viele der elterlichen Aufgaben sind von dem ältesten Sohn seit Jahren übernommen wurden. Er hilft schon immer bei Übersetzungen, dem Ausfüllen von Formularen, beim Arzt. Kinder sollten jedoch unbeschwert aufwachsen, Freiräume entdecken, sich entwickeln. Behördengänge gehören nicht zum Alltag eines Kindes. Dennoch hat Nesa viel übernommen, was eigentlich vonseiten der Ämter und Behörden hätte organisiert werden müssen. Und dass er sich um seine Familie kümmert, wird nun allen zum Nachteil ausgelegt. Man muss fragen, wann und wo versäumt wurde, der Familie adäquate Hilfestellungen durch beispielsweise Familienhilfe zukommen zu lassen, die ihnen entsprechende Unterstützung im Alltag bietet. Noch ist es dafür nicht zu spät.

Und es stellt sich mit der wiederholten Abschiebungsandrohung für Träger:innen des Integrationspreises einmal mehr die Frage, welchen Charakter dieser Integrationspreis des Landes eigentlich hat. Offensichtlich geht es nur darum, dass das Land sich mit den Preisträger:innen schmücken kann und integrationspolitische Erfolge vorweisen kann. Wer Integrationsleistungen im Aufenthaltsrecht ignoriert und Kindeswohl gefährdet, kann sich Integrationspreise sparen.

Wir appellieren an alle Entscheidungsträger:innen und insbesondere den Innenminister Richter und Ministerpräsidenten Haseloff, verantwortlich zu handeln, der Familie die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen und die Abschiebung zu stoppen! Unser Dank gilt allen Engagierten in Magdeburg und darüber hinaus allen, die sich für die Familie engagieren und solidarisch sind.«