Aktionsplan Waldrettung – Wald wieder zum Klimaschützer machen
Kerstin Eisenreich betont in der heutigen Landtagsdebatte um den Zustand des Walds:
„Der Wald spielt eine entscheidende und vielfältige Rolle in unserem Leben. Er ist wichtiger Lebensraum für unzählige Pflanzen- und Tierarten und sorgt für biologische Vielfalt. Er schützt den Boden vor Erosion, filtert Luft und Wasser, speichert Wasser und sorgt für die Grundwasserneubildung. Er produziert Sauerstoff, speichert Kohlenstoff in der Biomasse und im Waldboden, schafft günstige mikroklimatische Bedingungen durch hohe Luftfeuchte und geringere Sonneneinstrahlung, reduziert Lärm. Erholungssuchende finden hier Ruhe und Entspannung. Er liefert uns Wildfleisch, Pilze und Beeren. Der Wald prägt und gestaltet das Landschaftsbild und bewahrt historische Kulturzeugnisse. Er spielt auch im kulturellen Gedächtnis eine große Rolle. Und er ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, vor allem mit dem vielseitig einsetzbaren nachwachsenden Rohstoff Holz, und damit Arbeitsplatz für Försterinnen und Förster, Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter und andere.
Die hohen Baumverluste und geringerer Zuwachs von Bäumen durch die Auswirkungen der Klimakrise haben zu einem Rückgang des Kohlenstoffvorrates geführt. Er kann also seine für uns so wichtige Klimaschutzfunktion nicht mehr umfassend erfüllen. So konstatiert der Waldzustandsbericht 2023 für Sachsen-Anhalt, dass die mittlere Kronenverlichtung über alle Baumarten und Altersgruppen hinweg mit 26 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt von 19 Prozent liege. Aber auch der hohe Anteil stark geschädigter und absterbender Bäume zeigt, dass der Wald in einem alarmierenden Zustand ist.
Laut Bundeswaldinventur hat Sachsen-Anhalt in den letzten zehn Jahren drei Viertel seines Fichtenbestandes verloren. Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, das in den vergangenen zehn Jahren 12.000 Hektar Waldfläche verloren hat, während in Deutschland insgesamt die Waldfläche um rund 15.000 Hektar zugenommen hat.
Der Wald ist aber auch Arbeitsplatz für viele Menschen, die sich aufopferungsvoll um den Fortbestand unserer Wälder, ihren Umbau hin zu klimastabilen Wäldern einsetzen. Wie muss ihnen jedoch zumute sein, wenn sie angesichts riesiger kahler Flächen in ihrem Betreuungsbereich quasi vor dem Nichts stehen. Ob Förster, Waldarbeiter oder andere Beschäftigte in der Forstwirtschaft, im Landesforstbetrieb oder Landeszentrum Wald – ihnen gilt unser Dank für ihre Arbeit.
Breit angelegte und öffentlichkeitswirksame Pflanzaktionen sind wichtig, um die Menschen für die Problematik zu sensibilisieren und sie einzubeziehen. Sie ersetzen jedoch nicht eine langfristige Strategie. Deshalb schlagen wir vor, mit einem „Aktionsplan Waldrettung“ zum Beispiel über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren Wiederaufforstung-, Waldumbau- und Pflegemaßnahmen systematisch zu fördern und dies langfristig finanziell sicherzustellen. Klares Ziel muss dabei sein, unsere Wälder klimastabil und biologisch vielfältig zu entwickeln und sie so zukunftssicherer zu machen. Da lohnt es sich auch, mal über die Landesgrenzen, zum Beispiel nach Thüringen, zu schauen.
Die Eigentümervielfalt und Kleinteiligkeit im privaten Waldbesitz kann den systematischen Waldumbau einschränken. Immerhin gibt es in Sachsen-Anhalt 51.000 private Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die durchschnittlich 6 Hektar Wald besitzen. Da ist der Aufwand, um Fördermittel zu beantragen, sehr groß und auch eine mangelnde Liquidität schreckt den einen oder anderen ab. Deshalb ist der Umbau zu einer effektiven und nachhaltigen Forstverwaltung in Sachsen-Anhalt weiter voranzutreiben.
Wir schlagen vor zu prüfen, aus dem für die privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer zuständigen Landeszentrum Wald heraus eine Funktionseinheit „Aufforstungszentrum“ einzurichten. Diese soll sich um Aufforstungsaufgaben und alle weiteren damit verbundenen Maßnahmen kümmern. Wie das in die Praxis umgesetzt werden kann, hat die Forstbetriebsgemeinschaft Ostharz ausgearbeitet. So könnten Landesziele beim Waldumbau besser umgesetzt, langfristige Großverträge für Pflanzgutlieferungen abgeschlossen werden und die kleinteilige Fördermittelbeantragung könnte entfallen.
Unser Wald muss sich dem veränderten Klima anpassen, wenn er für uns das bleiben soll, was er ist: Lebensraum, Erholungsraum und wirtschaftlicher Nutzraum. Das bedeutet auch, dass er sich verändern wird. Monokulturen, wie sie in der Vergangenheit aus rein wirtschaftlichen Erwägungen angepflanzt wurden, müssen künftig tabu sein. Der Mensch braucht den Wald, um zu leben, und der Wald braucht uns jetzt, um selbst überleben zu können. Sorgen wir also gemeinsam dafür, dass der Wald wieder zum Klimaschützer wird, und unterstützen wir deshalb mit langfristig gesicherten Rahmenbedingungen alle, die für dieses Ziel arbeiten.“